Sprecher
Beschreibung
Die Digitalisierung schreitet voran und damit verbunden auch die Mediennutzung junger
Menschen (Feierabend, S., Rathgeb, T., Kheremand, H., & Glöckler, 2023). Lebenswelten von
Jugendlichen sind heutzutage zunehmend mediaBsiert und verlagern sich auf Social Media
Plaeormen wie TikTok, Instagram, WhatsApp und Snapchat. Studien zur Mediennutzung
zeigen, dass Jugendliche dort auch mit negaBven Themen wie Hatespeech in Berührung
kommen (Feierabend, S., Rathgeb, T., Kheremand, H., & Glöckler, 2022; Forsa, 2023). Im Fokus
medienpädagogischer Forschungsarbeiten stehen in diesem Zusammenhang Fragen nach der
Wahrnehmung und Bewertung von Hatespeech (Ballaschk et al., 2022; Feierabend, S.,Rathgeb, T., Kheremand, H., & Glöckler, 2022), bzw. die Frage, wie Pädagoginnen Hatespeech
im Bildungskontext aufgreifen und dem Phänomen prävenBv begegnen können (Seemann-
Herz et al., 2022).
Bislang haben wir wenig Kenntnis darüber, wer digitalen Hass mit welcher Zielsetzung verfolgt
und welche Strategien im Umgang damit hilfreich sein können (Ballaschk et al., 2022).
An dieser Stelle setzt die vorliegende DissertaBonsstudie an, in welcher aussagekräQige
Ergebnisse für die medienpädagogische Forschung generiert wurden. Mit einem qualitaBven
Forschungsdesign
wurden
acht
teilstrukturierte,
leikadengestützte
Interviews
mit
feminisBschen NetzakBvistinnen geführt. Die Daten wurden mit der Methode der
qualitaBven Inhaltsanalyse (Mayring, 2015) ausgewertet. Die Forschungsfragen zielten auf das
feminisBsche Selbstverständnis der AkBvistinnen und ihre Erfahrungen mit digitaler Gewalt
ab. Im Zentrum stand dabei die Frage, ob sich die Online-Feministinnen silencen lassen oder
aber ob sie Strategien entwickelt und Ressourcen aufgebaut haben, auf die sie im Umgang mit
digitaler Gewalt zurückgreifen können. Die Analyse der Interviews gibt Aufschluss darüber, wer
die Akteurinnen digitaler Gewalt sind, welche Ziele sie verfolgen und welche Strategien die
Feministinnen im Umgang damit entwickelt haben.
Die Ergebnisse der Studie zeigen auf, dass sich die Haterinnen dem anBfeminisBschen
Spektrum zuordnen und sich durch eine rassisBsche, sexisBsche und transfeindliche Haltung
auszeichnen (Roß, forthcoming). Dabei finden anBfeminisBsche AgitaBonen nicht nur in der
poliBschen Rechten und innerhalb besBmmter christlicher Strömungen eine immer größere
Verbreitung, sondern lassen sich auch in der gesellschaQlichen Mine wiederfinden. Um ihre
Ziele möglichst effekBv zu verfolgen, werden, so ein weiteres Ergebnis der Studie, oQmals
KoaliBonen
und
Bündnisse
zwischen
verschiedenen
Gruppierungen
eingegangen.
Entscheidend für die EffekBvität anBfeminisBscher Gewalt ist die Vernetzung der Gruppen
untereinander.
Da die Probandinnen allesamt ein queeres und intersekBonales Verständnis von Feminismus
haben, lässt sich vermuten, dass dieses relevant für die anBfeminisBschen Anfeindungen ist.
So wurde herausgearbeitet, dass die AkBvistinnen vor allem dann von digitalem Hass
betroffen sind, wenn sie selbst als nicht-weiß gelesen werden und sich in Bezug auf ihre
GeschlechtsidenBtät, bzw. geschlechtliche OrienBerung außerhalb der heterosexuellen Norm
bewegen (Roß, forthcoming).Wenn Jugendliche aufgrund ihrer, von der „Norm“ abweichenden, GeschlechtsidenBtät,
GeschlechtsorienBerung oder ihrer ethnischen Zuordnung Opfer von digitalem Hass werden,
so stehen hinter den digitalen Anfeindungen womöglich organisierter AnBfeminismus. Im
Gegensatz zu den Probandinnen dieser Studie, die zahlreiche Strategien im Umgang mit
anBfeminisBscher Gewalt entwickelt haben und auf ein feminisBsches Netzwerk zurückgreifen
können, sind Jugendliche weitaus mehr gefährdet.
Wenn das Social Web nicht nur der KommunikaBon, InspiraBon und Unterhaltung dient,
sondern von unterschiedlichen Interessensgruppen auch als poliBsches Instrument benutzt
wird, so müssen wir dies in der medienpädagogischen Forschung stärker in den Blick nehmen.
Die wissenschaQliche Auseinandersetzung mit demokraBefeindlichen, anBfeminisBschen
Strömungen im Kontext von Medienbildung ist ein Forschungsfeld, das in zukünQigen Studien
mit Aufmerksamkeit verfolgt werden muss. Denn das Social Web soll auch zukünQig ein
demokraBscher Ort sein, der parBzipaBv von allen jungen Menschen genutzt wird. Nicht nur
in Deutschland, sondern überall, wo sich der Rechtsruck bereits deutlich in der poliBschen
LandschaQ abzeichnet.
Literatur:
Ballaschk, C., Schulze-Reichelt, F., Wachs, S., Krause, N., Wenstein, A., Kansok-Dusche, J., Bilz, L., &
Schubarth, W. (2022). Ist das (schon) Hatespeech? – Eine qualitaBve Untersuchung zum
Verständnis
von
Hatespeech
unter
pädagogischem
Schulpersonal.
Zeitschri/
für
Bildungsforschung, 12(3), 579–596. hnps://doi.org/10.1007/s35834-022-00367-1
Ballaschk, C., Wachs, S., Krause, N., Schulze-Reichelt, F., Kansok-Dusche, J., Bilz, L., & Schubarth, W.
(2021). „Dann machen halt alle mit." Eine qualitaBve Studie zu Beweggründen und MoBven
für Hatespeech unter Schüler*innen. (German): „Then everyone just goes along with it.“ A
qualitaBve study on reasons and moBves of hate speech among students. (English). Discourse:
Journal of Childhood & Adolescense Research / Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 16(4),
463–480. hnps://doi.org/10.3224/diskurs.v16i4.01
Landesanstalt für Medien NRW (2023): Hate Speech Forsa Studie 2023
Mayring, P. (2016). Einführung in die qualitaBve Sozialforschung (6. Aufl.). Weinheim: Beltz
Verlagsgruppe.Feierabend, S., Rathgeb, T., Kheremand, H., & Glöckler, S. (2022). JIM 2020: Jugend, InformaBon,
Medien – Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Weinheim: Beltz
Verlagsgruppe.
Seemann-Herz, L., Kansok-Dusche, J., Dix, A., Wachs, S., Krause, N., Ballaschk, C., Schulze-Reichelt, F.,
& Bilz, L. (2022). Schulbezogene Programme zum Umgang mit Hatespeech – Eine
kriteriengeleitete Bestandsaufnahme. Zeitschri/ für Bildungsforschung, 12(3), 597–614.
hnps://doi.org/10.1007/s35834-022-00348-4