Sprecher
Beschreibung
Im Zuge tiefgreifender gesamtgesellschaftlicher Transformationsprozesse kommt gesellschaftlichen Narrativen große Bedeutung zu (Di Giulio/Defila 2022). So können sie orientierungsstiftende Muster der Wahrnehmung und Interpretation von Selbst und Welt bieten. Das Individuum versucht sich über Erzählungen Geschehnisse zu erklären und zu verarbeiten und steht vor der Herausforderung, die beobachteten Transformationen und Veränderungen zu deuten und "sich erzählend neu im gesellschaftlichen Gefüge zu verankern" (Schachtner 2016: 13). Solche Prozesse lassen sich derzeit mit Blick auf die Jugendgeneration vor allem hinsichtlich ihrer Auseinandersetzung mit planetaren Grenzen, Klimakrise und Fragen der Nachhaltigkeit beobachten. Jugendliche artikulieren ihre Ansprüche auf eine lebenswerte Zukunft deutlich. Hierzu nutzen sie vor allem soziale Medien, worüber zugleich weit verbreitete Narrative der Nachhaltigkeit transportiert werden, zu denen sie sich verhalten müssen. Eine besondere Rolle kommt dabei aus mehreren Gründen (fotografischen) Bildern zu. Erstens sind soziale Medien stark bildzentriert, zweitens werden über Bilder Narrative transportiert, drittens wird im Zuge der Diskussion von Nachhaltigkeitszielen Bildern im Gegensatz zu rein diskursiv-sprachlichen Darstellungen eine größere Wirksamkeit zugesprochen und viertens vermögen Bilder die interkulturelle Verständigung zu fördern. Dennoch sind kreative Konzepte, die diese Potenziale nutzen, (insb. in der außerschulischen Bildungspraxis) noch rar gesät.
Hier setzt das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Expanding Narratives. Jugend und ihre Bilder der Nachhaltigkeit“ mit Ansätzen der kulturellen Medienbildung und partizipativer Forschung an (u.a. Fuchs 2017; Tillmann/Helbig 2017). Die leitende Frage lautet, wie junge Menschen aus dem so genannten Globalen Norden und Globalen Süden Bilder und Narrative wahrnehmen und über die Analyse von Bildern und die Artikulation eigener Erzählungen in einen konstruktiven Austausch treten können. Hierzu wird ein mehrphasiger Workshop entwickelt, durchgeführt und forschend begleitet, an dem Jugendliche aus Tansania und Deutschland teilnehmen. Unterstützt durch Pädagoginnen und Fotokünstlerinnen produzieren sie eigene Fotografien, die anschließend öffentlichkeitswirksam ausgestellt werden.
Im Rahmen des Vortrags sollen die konzeptionellen Grundpfeiler des Projekts vorgestellt sowie in theoretische (u.a. postkoloniale) und methodologische (u.a. partizipative) Diskurslinien eingeordnet werden. Dabei werden auch Herausforderungen im Prozess zur Diskussion gestellt.
Literatur
Fuchs, M. (2017): Kulturelle Medienbildung aus Perspektive der kulturellen Bildung. Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ): Kulturelle Bildung. Kulturelle Medienbildung, 11 (15): 11-14
Tillmann, A. & C. Helbig (2017): Partizipation in digital-vernetzen Welten. In: Braun, T. & K. Witt (Hrsg.): Illusion Partizipation – Zukunft Partizipation. München: kopaed, 209-220
Di Giulio, A., & Defila, R. (2022). Die Bedeutung von Narrativen für Umwelt und Nachhaltigkeit. Basel: Universität Basel. doi: 10.5451/unibas-ep88066
Schachtner, C. (2016). Das narrative Subjekt. Erzählen im Zeitalter des Internets. Bielefeld: transcript.
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