19.–20. Sept. 2024
Universität Wien
Europe/Vienna Zeitzone
Das Programm ist online - die Anmeldung ist möglich.

Gesellschaft 5 (HS 1): Hegemoniekritik lehren.

Nicht eingeplant
30m
Institut für Bildungswissenschaft (Universität Wien)

Institut für Bildungswissenschaft

Universität Wien

Sensengasse 3a 1090 Wien
1 - 15/15 Vortrag vor Ort

Sprecher

Florian Rainer (Universität Wien, Institut für Bildungswissenschaft, Arbeitsbereich Medienpädagogik)

Beschreibung

Hegemoniekritik lehren

Der Lehrer: Aber ihr müsst mit dem Einfachsten anfangen,
nicht gleich mit dem Schwierigsten! »Ast« ist einfach.
Sigorski: »Klassenkampf« ist viel einfacher.

Bertolt Brecht (1932). Die Mutter.

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Antonio Gramsci (2012) hat mit dem Begriff der kulturellen Hegemonie ein grundlegendes gesellschaftstheoretisches Konzept für die marxistische Analyse von Medien- und Bildungssystemen sowie Öffentlichkeiten entwickelt. In diesem Zusammenhang kann Hegemonie (in Korrelation zur Gegenhegemonie) als unverzichtbarer Bestandteil eines pädagogischen Verhältnisses verstanden werden (vgl. Bernhard, 2005; Sternfeld, 2009), das wiederum ein grundlegendes Element jeder Kulturproduktion und der damit verbundenen Produktionsbedingungen ist. Sowohl Erziehung als auch Bildung sind konstitutiv für die Produktion und Reproduktion von (ungleichen) gesellschaftlichen Verhältnissen (vgl. Bourdieu, 2001; Ribolits, 2013), die im Horizont einer jeweiligen Kultur individuell vollzogen werden.
Die Ausgangsthese dieses Vortrags besagt, dass das Konzept der kulturellen Hegemonie geeignet und relevant für die relationale Vermittlung von Medienkompetenz ist. Um diese These zu untersuchen, wird Gramscis Ansatz zunächst systematisch aus der Sicht der realdialektischen Medienpädagogik diskutiert. Ein Ausgangspunkt dieser Diskussion ist die Korrelation von Erleben und Erlebtem, wobei Gramscis praxisphilosophische Begriffe des Alltagsverstands, der Gewohnheit und der Weltauffassung erörtert werden (Barberi & Swertz, 2018; Meder, 2014; Schürmann, 2023). Dieses praxisphilosophische Verständnis setzt im individuellen Denken als elementare, soziale Tätigkeit an. Denken wird demnach erkenntnistheoretisch als kulturelle Handlung aufgefasst, die nicht isoliert entwickelt werden kann und stets in performanter Korrelation mit den gesellschaftlichen Praxisverhältnissen steht. Theorie und Praxis werden demzufolge als aufeinander bezogen verstanden, also real-dialektisch als ein inneres, logisches Verhältnis jeweiliger Wirklichkeit und ihrer möglichen Veränderung gedacht. Sich außerhalb dieser Verhältnisse zu denken, ist widersprüchlich (vgl. Swertz, 2020).

Ein weiterer Ausgangspunkt der realdialektischen Medienpädagogik ist die Korrelation von Fremd- und Selbstbestimmung. Während die Selbstbestimmung nur im subjektiven Handeln erreicht und nicht unterrichtet werden kann, ist es möglich, die Fremdbestimmung, die immer mit Medien erfolgt, zu lehren (vgl. Iske & Meder, 2010).

Ein medienpädagogisch relevanter Aspekt kann dabei das bildende Vermögen sein, hegemoniale Tendenzen zu erkennen und umzugestalten. Mit dem auf Immanuel Kant verweisenden Ansatz der pädagogischen Reflexivität (vgl. maiz, 2017) wird daraufhin ein Beispiel für die Vermittlung des Hegemoniebegriffs als Moment der Förderung gesellschafts- und ideologiekritischer Medienkompetenz präsentiert. Dabei wird das Thema Datenreligion (vgl. Swertz, 2024; Initiative Bildung und Digitaler Kapitalismus, 2024) – und damit verbundene Denkfiguren eines unkritischen Glaubenssystems (vgl. Fisher, 2009; Harari, 2017) – im methodologischen und didaktischen Kontext der Hegemoniekritik vertieft (vgl. Castro-Varela et al., 2024), um einer dezidiert (transzendental-)kritischen Medienpädagogik das Wort zu reden.

Poster Ja

Hauptautor

Florian Rainer (Universität Wien, Institut für Bildungswissenschaft, Arbeitsbereich Medienpädagogik)

Präsentationsmaterialien

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