Sprecher
Beschreibung
Abstract
Der geplante Beitrag gründet auf Expertisen und eigenen Forschungsarbeiten zur Transformation öffentlicher Bildungsplattformen (Hofhues et al., 2023) und hochschulischen Lerninfrastrukturen (Pensel et al., 2020). Ausgehend davon soll eine offene Diskussion darüber angestoßen werden, wie sich Medienpädagogik als erziehungswissenschaftliche Teildisziplin und “vernetzte Profession” (Hugger, 2001) - über mediendidaktische Perspektiven hinaus - zu digitalen Bildungsplattformen und Lerninfrastrukturen verhält bzw. verhalten sollte. Die diskussionsleitende Fragestellung lautet “Welche wissenschaftliche und politische Rolle schreibt sich die Medienpädagogik innerhalb von Plattformisierungsprozessen zu?”
Vor dem Hintergrund der Phänomene „Plattformisierung“ (Decuypere et al., 2021; Förschler et al., 2021) und „Datafizierung" (Schiefner-Rohs et al., 2024) ist festzustellen, dass politische Vorhaben zur (Metadaten-)Standardisierung, zu algorithmisch und KI-basierten Prozessen im Mainstream öffentlicher Debatten wie allen ‚neuen‘ Medien besondere Potenziale zugeschrieben werden. Aktuelle Forschungsergebnisse zur Entwicklung einer “Nationalen Bildungsplattform” zeigen allerdings, dass die digitale Vernetzungsinfrastruktur durch zahlreiche Kontingenzen, unterschiedliche Interessenlagen, heterogene Akteurskonstellationen, Prozesse der Hierarchisierung und politisch vorgegebenen Erwartungen und Entscheidungen geprägt ist (Hofhues et al., 2023). Dergestalt Einflussfaktoren schreiben sich in Plattformen und Infrastrukturen ein und bestimmen Möglichkeitsräume für Bildungs- und Lernprozesse (Pensel et al., 2020). Auffällig ist, dass zwar Erwartungen an mediendidaktische Forschung im Sinne eines „Instructional Designs“ adressiert werden, medienpädagogische Themen, historisch gewachsene Konzepte und Positionen in Vorhaben von teils nationaler Tragweite jedoch nicht berücksichtigt werden. Gleichzeitig finden wir in der Medienpädagogik Hinweise auf disziplinäre Schließungsmechanismen, theoretische Verständigungsprobleme, die Vereinzelung von Diskursen und Lücken des Transfers. Aus unserer Sicht ergibt sich daraus die o.g. Fragestellung. Daran anknüpfend ist zudem zu klären, in welchem Verhältnis Medienpädagogik zu anderen relevanten Akteur:innen in den Gestaltungsprozessen von Plattformen und Infrastrukturen steht bzw. stehen sollte.
Format
Der geplante Beitrag soll über das Format der Flipped Conference umgesetzt werden und umfasst somit 1) einen vorab bereitgestellten Videobeitrag und 2) eine Diskussion in Präsenz.
1) In einem Videobeitrag werden zunächst Forschungsbeispiele aus einer medienpädagogischen Begleitstudie zur Nationalen Bildungsplattform und zu digitalen Lerninfrastrukturen an Hochschulen vorgestellt sowie Bezüge zu Perspektiven der Critical Data and Platform Studies, Critical Ed-Tech (z.B. Allert, 2020, Macgilchrist et al., 2024) und informatorischen Bildung hergestellt. Daran anschließend nehmen wir Perspektiven des Zusammenwirkens zwischen Medienpädagogik und Vertreter:innen der Informatik in den Blick (z.B. Tulodziecki, 2016; Kommer, 2018), da gerade eine Zusammenarbeit der Disziplinen im Kontext der aktuellen existierenden Medienrealitäten und gesellschaftlichen Bedingungen für eine breite Partizipation notwendig scheinen (Zorn, 2015; Buschauer & Wadephul, 2020).
2) Anknüpfend an das impulsgebende Video laden wir Interessierte zu einer Diskussion auf der Herbsttagung ein, in der folgende offen Fragen im Zentrum stehen:
- Welche Rolle spielt die Medienpädagogik in der Entwicklung und
Implementierung digitaler Bildungsplattformen?
- Wie können medienpädagogische Konzepte in die Gestaltung digitaler
Bildungsplattformen integriert werden?
- Welche disziplinären Barrieren existieren zwischen der Medienpädagogik und der Informatik? Wie können diese überwunden werden, um eine fruchtbare Zusammenarbeit zu gewährleisten?
- Inwiefern können medienpädagogische Konzepte dazu beitragen, normative Fallstricke zu identifizieren und zu vermeiden, die mit der Implementierung digitaler Technologien im Bildungsbereich einhergehen?
- Wie kann die Kluft zwischen technischer und pädagogischer Expertise überwunden werden? Welche Strategien können entwickelt werden, um eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern?
- Welche bildungspolitischen Maßnahmen sind notwendig, um die Zusammenarbeit zwischen Medienpädagogik und Informatik zu fördern und die Entwicklung von inklusiven und gerechten Bildungsplattformen zu unterstützen?
Es besteht die Möglichkeit, die Ergebnisse der Diskussion anschließend für das an die Herbsttagung anknüpfende Jahrbuch Medienpädagogik aufzubereiten und zu systematisieren.
Literatur
Allert, H. (2020). Algorithmen und Ungleichheit. merz, 64(3) 26–32.
Buschauer, R., & Wadephul, C. (2020). Digitalisierung und Datafizierung: Big Data als Herausforderung für die Schulbildung. In S. Iske, J. Fromme, D. Verständig, & K. Wilde (Hrsg.), Big Data, Datafizierung und digitale Artefakte (S. 59–74). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28398-8
Decuypere, M., Grimaldi, E., & Landri, P. (2021). Introduction: Critical studies of digital education platforms. Critical Studies in Education, 62(1), 1–16. https://doi.org/10.1080/17508487.2020.1866050
Förschler, A., Hartong, S., Kramer, A., Meister-Scheytt, C., & Junne, J. (2021). Zur (ambivalenten) Wirkmächtigkeit datengetriebener Lernplattformen. MedienPädagogik, 44, 52–72.
Hofhues, S., Klusemann, S., Gädeke, E., Bonnes, J., Goerke, P., Weinrebe, P., & Schütz, J. (2023). (Digitale) Bildungsinfrastrukturen machen: (Be-)Deutungshorizonte im Zuge von Entwicklungspraktiken im Kontext der Lehrer*innen(fort)bildung. Report | Mediendidaktik, no. 02, 1. https://doi.org/10.18445/20231220-105621-0
Hugger, K.-U. (2001). Medienpädagogik als Profession. kopaed
Kommer, S. (2018). Medienpädagogik und informatische Bildung – Gemeinsam oder besser getrennt? merz, 4, 11-18.
Macgilchrist, F., Potter, J., & Williamson, B. (2024). Challenging the inequitable impacts of edtech. Learning, Media and Technology, 1–4. https://doi.org/10.1080/17439884.2024.2350117
Pensel, S., Hofhues, S. & Schiller, J. (2020). “Man ist halt so ein ganz kleiner Teil von diesem ganzen Großen”. Rekonstruktion der studentischen Sicht auf digitale Lerninfrastrukturen an Hochschulen. In S. Hofhues, M. Schiefner-Rohs, S. Aßmann & T. Brahm (Hrsg.), Studierende - Medien - Universität (S. 41-64). Waxmann. https://doi.org/10.25656/01:20504
Schiefner-Rohs, M., Hofhues, S., & Breiter, A. (Hrsg.). (2024). Datafizierung (in) der Bildung. transcript. https://doi.org/10.14361/9783839465820
Tulodziecki, G. (2016). Konkurrenz oder Kooperation? Zur Entwicklung des Verhältnisses von Medienbildung und informatischer Bildung. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 25, 7–25. https://doi.org/10.21240/mpaed/25/2016.10.25.X
Zorn, I. (2015). Warum sich Medienpädagogik mit Big Data Analytics befassen sollte. In H. Gapski (Hrsg.), Big Data und Medienbildung. Zwischen Kontrollverlust, Selbstverteidigung und Souveränität in der digitalen Welt (S. 19–32). kopaed.
Kontaktdaten
Eik Gädeke, Dr. phil., seit 2023 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FernUniversität in Hagen, Institut für Bildungswissenschaft und Medienforschung, Lehrgebiet Mediendidaktik.
Arbeitsschwerpunkte: Hochschulforschung und Bildungspolitik, mit dem Schwerpunkt ökonomischer und digitaler Transformationsprozesse, Bildungs- und Subjektivierungsprozesse im Kontext sozialer Ungleichheit sowie Qualitative Methoden der empirischen Sozialforschung
E-Mail: eik.gaedeke@fernuni-hagen.de
Paula Goerke, M.A., seit 2023 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FernUniversität in Hagen, Institut für Bildungswissenschaft und Medienforschung, Lehrgebiet Mediendidaktik.
Arbeitsschwerpunkte: Open Educational Ressources; Vorstellungen von Nutzerinnen und Nutzungsweisen digitaler Bildungsangebote
E-Mail*: paula.goerke@fernuni-hagen.de
Christian Helbig, Dr. phil., seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FernUniversität in Hagen, Institut für Bildungswissenschaft und Medienforschung, Lehrgebiet Mediendidaktik.
Arbeitsschwerpunkte: Dokumentarische (Organisations-)Forschung, Digitale Bildung und digitale Ungleichheiten, Medienpädagogische Organisationsforschung und Professionalisierung sowie Spannungsfelder von Digitalisierung und Digitalität in der Sozialen Arbeit
E-Mail: christian.helbig@fernuni-hagen.de
Sabrina Schaper, Dr. phil., seit 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FernUniversität in Hagen, Institut für Bildungswissenschaft und Medienforschung, Lehrgebiet Mediendidaktik.
Arbeitsschwerpunkte: (Non) Formales Lernen und Lehren unter Bedingungen von Digitalität und Heterogenität; Praxistheoretische Medienbildungs-, Übergangs- und Organisationsforschung; Hochschul- und Mediensozialisation
E-Mail: sabrina.schaper@fernuni-hagen.de
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